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Mit Hana Makhmalbaf empfängt „FrauenWelten“ das
jüngste Mitglied der berühmten iranischen Regisseurs-Familie
als Gast. Ihre Dokufiktion „Green Days“ drehte sie
vor und während der Unruhen bei den Wahlen im Juni dieses Jahres im Iran.
Sie musste danach aus dem Iran fliehen. Der Film wurde als Überraschung
im September 2009 in Venedig gezeigt und mit dem „Bravery Prize“ ausgezeichnet.
Aus
Afrika reist Leymah Gbowee im November nach Tübingen. Sie
ist die couragierte Heldin des Dokumentarfilms „Pray the Devil
Back to Hell“ über die Frauen, die ein Ende des blutigen Bürgerkriegs
in Liberia erzwangen, völlig unbeachtet von der Weltöffentlichkeit!
Sie wurde von der Harvard Universität und dem White House Project für
ihr außerordentliches Engagement geehrt.
Leymah Gbowee und Hana Makhmalbaf werden vom Filmfest
FrauenWelten mit dem Ehrenpreis für "Mutiges Engagement für
Menschenrechte von Frauen" ausgezeichnet werden. |
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Thema: Matriarchat – heute?
Im
thematischen Fokus steht in diesem Jahr das Matriarchat. Ethnologische
Filme aus Amerika, Asien und Afrika ermöglichen einen umfassenden
Einblick und werden von FilmemacherInnen und Expertinnen begleitet, die
diese faszinierenden Kulturen hautnah erleben konnten.
Unsere Fragestellung führt jedoch darüber hinaus: was können
wir von diesen Ausgleichsgesellschaften für die Herausforderungen
unserer heutigen Welt lernen, was können speziell Frauen zu Lösungen
beitragen? Was zu den Fragen von Krieg und Frieden, Gewalt gegen Frauen
und Kinder, Schere zwischen Arm und Reich, Umweltzerstörung und
Finanzkrise? Diese Themen durchziehen auch die Spielfilme in diesem Jahr.
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Prämierte Filme
Die
jüngsten Preisträger auf den großen Filmfestivals
in aller Welt sind auch in Tübingen wieder im Spielplan zu finden. „Sturm“ von
Hans-Christian Schmid gewann gleich drei Filmpreise auf der Berlinale
2009 und den Bernhard Wicki-Preis auf dem Münchner Filmfest 2009.
Darin muss Hannah in Den Haag als Anklägerin am Internationalen
Strafgerichtshof für das Ex-Jugoslawien begreifen, dass ihre Gegner
nicht nur auf der Anklagebank zu finden sind und dass es von ihren Zeuginnen
ungeheuren Mut erfordert, gegen die Kriegsverbrecher auszusagen. „Mar
Nero“ über die abenteuerliche Annäherung zwischen einer
kratzbürstigen älteren Witwe und ihrer sensiblen jungen rumänischen
Haushalthilfe, die durch diese Arbeit in Italien das Überleben ihrer
Familie in Rumänien finanzieren muss, gewann den Silbernen Leoparden
auf dem Filmfestival Locarno. „Laskar Pelangi“ aus Indonesien über
eine junge Lehrerin, die unbedingt eine kreative Schule für Kinder
von Minenarbeitern aufrechterhalten möchte, war ein Publikumsliebling
auf der diesjährigen Berlinale und wurde auf dem Hong Kong Filmfestival
ausgezeichnet.
Als
besonderer Geheimtipp gilt „Mammoth“ des schwedischen
Regiestars Lukas Moodysson, der für den Goldenen Bären 2009
nominiert wurde. In ihm haben eine alleinerziehende phillippinische Mutter
und ein gutsituiertes New Yorker Elternpaar mit den Schwierigkeiten der
globalisierten Parallel-Welten zu kämpfen. Die Kluft zwischen Arm
und Reich hat Moodysson feinfühlig beobachtet und in Szene gesetzt.
Parallel-Welten gibt es auch in Deutschland: in „Schutzlos“ muss
eine als Haushilfe arbeitende junge Honduranerin auch noch ihre Kinder
in die Schattenwelt der Illegalität holen, da sie in ihrem Land
nicht sicher sind. Hauptdarstellerin Carolina Vera wird als Gast dem
Tübinger Publikum mehr von dieser wahren Geschichte vermitteln können. „Pandoras
Box“, über ein Geschwistertrio in Istanbul, das lernen
muss, mit der Alzheimer-Erkrankung ihrer eigenwilligen Mutter umzugehen,
gewann
in San Sebastian 2008 gleich zwei Preise: beste Regie und beste Hauptdarstellerin.
„La
Nana“, mehrfach auf dem Sundance Film Festival 2009
prämiert, handelt von einem Hausmädchen in Chile, das raffiniert
ihre Konkurrentinnen aus dem Haus ekelt – bis sie auf eine empathische
junge Frau trifft, die sich davon nicht beeindrucken lässt. In eine
märchenhafte Version des modernen Moskau führt „Rusalka“ und
erzählt die Geschichte der kleinen Meerjungfrau auf ganz eigene
Art – wofür der Film letztes Jahr mit fünf Preisen ausgezeichnet
wurde, unter anderem in Berlin und Sundance. Eine völlig andere
Welt wird durch „Exodus“ von Pang Ho-Cheung aus China beleuchtet:
ist der Polizist Tsim tatsächlich einer Weltverschwörung der
Frauen, die alle Männer umbringen wollen, auf der Spur? Die satirische
schwarze Komödie wurde in San Sebastian mit dem Preis der Jury ausgezeichnet.
Die „köst“lichste Komödie ist jedoch „Tandoori
Love“, der Eröffnungsfilm von Frauen Welten, der uns in die
Schweizer Berge führt, wo Sonja, die Verlobte von Gastwirt Markus,
von Rajah, dem Koch einer Bollywood Filmcrew mit allen Raffinessen der
indischen Koch- und Tanzkunst umworben wird, was ihr Leben aus seinen
geordneten Bahnen wirft. Der musikalisch reich ausgestattete Film wurde
auf dem Filmfestival Kairo ausgezeichnet.
Packende Dokumentarfilme
Auf der Dokumentarfilmschiene gibt es wieder Platz für einen Queerschnitt
durch TERRE DES FEMMES -Themen: die Problematik von Stalking und Häuslicher
Gewalt in „Nach Trennung Mord“, der Kampf gegen Genitalverstümmelung
in „Hibos Lied“ oder Frauen in Männerberufen in „Some
Real Heat“ oder „Weiberleut“. „Mein Herz sieht
die Welt schwarz – eine Liebe in Kabul“ von Altmeisterin
Helga Reidemeister war ein großer Erfolg beim Publikum auf der
Berlinale Anfang dieses Jahres. Der Film über ein junges Liebespaar
in Kabul, das gegen alle Konventionen versucht, zusammen zu leben, setzt
die Tradition der Filme über das Leben von Frauen in Afghanistan
auf dem Filmfest fort.
Irene Jung, Filmfestleiterin
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